Das politisches Gewissen zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechtes
In St. Pauls/ Eppan hielt am 15. April 2023 der Südtiroler Heimatbund (SHB) seine 45. Ordentliche Bundesversammlung ab. Höhepunkte der Versammlung waren das Gedenken an die Tätigkeit des Welschtirolers Giuseppe Tovazzi sowie ein Referat des Landesleitungsmitgliedes der Süd-Tiroler Freiheit Stefan Zelger.
SHB-Obmann Roland Lang konnte zur Jahresversammlung neben den zahlreichen Mitgliedern auch den Landeskommandantenstellvertreter des Südtiroler Schützenbundes, Christoph Schmid, den Obmann des Andreas Hofer Bundes für Tirol Alois Wechselberger, Buchautor und Heimatforscher Günther Rauch, Stefan Zelger für die Süd-Tiroler Freiheit sowie die Enkel von Giuseppe Tovazzi, Donatella und Bruno Tovazzi und weitere Familienmitglieder begrüßen.
Nach der Gedenkminute für die Verstorbenen politischen Häftlinge und Mitglieder des SHB, genannt wurden u. a. Heinrich Oberleiter, Florian Weissteiner und Karl Anranter, folgte eine kurze Ansprache von Obmann Roland Lang.
„49 Jahre Südtiroler Heimatbund. Es sei klargestellt: Der Südtiroler Heimatbund versteht sich weiterhin als das politische Gewissen zur Wahrung des unverzichtbaren Grundrechts des Südtiroler Volkes auf Selbstbestimmung.
Diesen Weg gehen wir unbeirrt weiter. Wir machen auf bedenkliche Entwicklungen aufmerksam und erheben unsere Stimme, wenn wir sehen, dass grundlegende Rechte leichtfertig auf Spiel gesetzt werden. Dazu zählt unter anderem der Proporz, das Recht auf Gebrauch der Muttersprache und die deutsche Schule! Die Ortsnamen zeigen auch nach außen den historischen Werdegang unserer Heimat. Sie sind ein unverzichtbarer Teil unserer Tiroler Identität.
Der Südtiroler Heimatbund blickt heute auf 49 Jahre seines politischen, kulturellen und menschlichen Einsatzes zurück. Das Datum dieser Bundesversammlung fällt in die Zeit der Vergewaltigung der Süd-Tiroler Ortsnamen vor 100 Jahren, was bis heute ein kulturhistorisches Verbrechen darstellt. Den Höhepunkt stellte dabei sicher das Verbot des Namens Tirol durch ein einfaches Dekret des faschistischen Präfekten von Trient am 7. August 1923 dar.
Nun kurz eine kleine Vorschau: Für Sonntag, den 30. April ist eine Busfahrt nach Solferino zu den Gedenkstätten der Risorgimento-Kriege geplant. Mit Georg Hörwarter konnte ein fachkundiger Kenner dieser Zeit als Reiseleiter gewonnen werden. Ich bitte um zahlreichte Teilnahme!
In Planung sind eine Broschüre zum Carabinieri-Prozess in Trient vor 60 Jahren im August 1963, bei dem die Folterknechte freigesprochen und danach sogar ausgezeichnet wurden, eine Informationsschrift über die faschistischen Straßennamen, besonders in Bozen und Meran, sowie ein Buch über die Verbindungen beinahe aller politischen Parteien in Südtirol und Österreich mit dem BAS, so Roland Lang.
„Freiheit ist die beste Versicherung“ so begann Stefan Zelger, Landesleitungsmitglied der Süd-Tiroler Freiheit sein Referat über den Zustand der Autonomie und die aktuelle Entwicklung in Südtirol.
Der Druck, welcher derzeit seitens Italiens aber – und das ist das schlimme – von der Landespolitik auf Süd-Tirol ausgeübt wird, ist derzeit auf allen Fronten zu spüren. Die Südtirol-Autonomie wird durch einseitige Interpretationen von Verfassungsgesetzen und –Änderungen untergraben.
Seit der Streitbeilegungserklärung sind fast die Hälfte der Zuständigkeiten und Kompetenzen Süd-Tirols eingeschränkt und aufgehoben worden. Dies betrifft u.a. das Personalwesen in der öffentlichen Verwaltung, das Sanitätswesen oder das Ehrenamt und viele andere Bereiche. Denn es ist klar: im Zweifel entscheidet Verfassungsgerichtshof immer für Rom.
Am Beispiel der neuen Gesetzesbestimmungen zum sogenannten 3. Sektor ist klar ersichtlich, dass das Süd-Tiroler Ehrenamt von der Landespolitik im Stich gelassen wird. Landeshauptmann Arno Kompatscher bemüht sich in keinster Weise um eine Lösung zu Gunsten der Süd-Tiroler Vereine und Verbände, er „bemüht“ sich ganz einfach die Sache auszusitzen.
Alles das, worum unsere Vorfahren gekämpft und gestritten haben, mit großen Opfern erreicht und gewonnen haben, wird von einer italophielen, staatshörigen Regierungsriege unter der SVP leichtfertig aufgegeben. Unsere Aufgabe als Nachkommen ist es, das Werk dieser Kämpfer weiterzuführen, das Erstrittene zu bewahren, das Verlorene wieder zurückzuholen und die Flamme der Freiheit weiter am Lodern zu halten.
Der beste Schutz für Südtirol wäre eine Zukunft ohne Italien, schloss Zelger seine Rede, die mit viel Applaus bedacht wurde.
Giuseppe Tovazzi (1986- 1951) wollte 1928 das Siegesdenkmal sprengen. Im Beisein seiner Enkelkinder und weiterer Familienangehörigen gab Heimatforscher Günther Rauch einen kurzen Einblick in die Lebensgeschichte dieses Mannes.
Giuseppe Tovazzi war ein Welschtiroler Patriot, der ein Zeichen gegen die nationalistische Italienisierung des Landes setzen wollte. Er war Kaiserschütze und Sozialist, wurde dafür gehasst und politische verfolgt und verurteilt.
Er kämpfte im 1. Weltkrieg unter Österreich-Ungarn, kam dann nach Südtirol, wo er in Kardaun an der Errichtung des E-Werkes beteiligt war. Er knüpfte Kontakte zur Eduard Reut-Nicolussi und die Errichtung des im Bau befindlichen Battisti-Denkmals, das dann als „Siegesdenkmal“ in die Geschichte eingehen wird, war für ihn ein Affront gegenüber allen Tirolern deutscher, ladinischer und italienischer Muttersprache.
Angeblich wollte er mit 600 kg Sprengstoff das Gerüst des zu errichtenden Denkmals in die Luft sprengen. Als ihm die politische Polizei auf die Schliche kam, flüchtete er zunächst nach Salzburg, wo er erkrankte.
Er suchte in Böhmen Heilung, musste dann aber nach Linz zurückkehren. Er wurde verhaftet und am Brenner den faschistischen Behördern übergeben.
Ohne Prozess wurde er verurteilt und in den „Confino“ auf die Mittelmeerinsel Lipari verbannt. Im Zuge von Mussolinis 1932 gewährten Generalamnestie kam er wieder nach Aldeno zurück, emigrierte aber dann nach Paris und übersiedelte Ende der 30erjahre nach Innsbruck, wo er als Straßenbahnfahrer arbeitete.
Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich half er vielen Italienern und bewahrte einige vor dem Konzentrationslager. Als die Deutschen das Voralpenland ausgerufen hatten und die Faschisten in Bozen und Trient nichts mehr zu sagen hatten, kehrte er in sein Heimatdorf Aldeno zurück. Dort verstarb er 1951 im Alter von nur 54 Jahren.
Im Gedenken an Giuseppe Tovazzi wird seinen Enkeln Donatella und Bruno Tovazzi eine Urkunde überreicht, sowie jeweils ein Geschenkkorb. Sie zeigen sich sehr gerührt und dankbar über die Ehrung und das Gedenken an ihren Großvater.
Relativ rasch ging die Erneuerung des Bundesausschusses: Roland Lang (Obmann), Luis Pixner und Meinrad Berger (Stellvertreter), Verena Obwegs (Schriftführerin), Reinhild Campidell (Kassierin), Konrad Auer (Fähnrich), sowie Sepp Mitterhofer und Karl Trenkwalder (Beiräte) werden von den Anwesenden für weitere fünf Jahre einstimmig bestätigt. Für das verstorbene Bundesausschussmitglied Karl Anranter wird Dietmar Figl im Ausschuss mitarbeiten
Landeskommandant-Stellvertreter Christoph Schmid bedankt sich in seinem Grußwort besonders für die gute Zusammenarbeit mit dem SHB. Dies hat sich zuletzt beim Protestmarsch „Marsch auf Bozen“ am 1. Oktober oder alljährlich bei der Sepp-Kerschbaumer-Gedenkfeier am 8. Dezember.
Es gilt gegen die italophilen Kräfte in der Landesregierung anzukämpfen und „standhaft im Gegenwind“ zu bleiben. Er hofft und ersucht weiterhin um gute Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung.
Nach den Abschlussworten des Obmannes und dem Absingen der Tiroler Landeshymne wurde bei einem Abendessen natürlich weiter diskutiert und politisiert.
Zu Bild Präsidium SHB: V. l. n. r. : Obmannstellvertreter Meinrad Berger, Obmann Roland Lang, Schriftführerin Verena Obwegs, Stefan Zelger und Landeskassierin Reinhild Campidell
Bild Bundesausschuss: V. l. n. r.: Obmannstellvertreter Meinrad Berger, Beirat Dietmar Figl, Landeskassierin Reinhild Campidell, Obmann Roland Lang, Schriftführerin Verena Obwegs, Beirat Sepp Mitterhofer und Beirat Karl Trenkwalder.
Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes