Kulturfahrt des Südtiroler Heimatbundes – Eine vergessene Sprachinsel: Das Kanaltal

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Auch dieses Jahr war es dem Südtiroler Heimatbund (SHB) ein Anliegen, seinen Mitgliedern eine interessante und ethnische Probleme betreffende Lehrfahrt anzubieten. Da die Fahrt in das Kanaltal vom Sprachinselforscher Luis Thomas Prader organisiert wurde, war es von vornherein klar, dass es verschiedene Treffen mit dem Kanaltaler Kulturverein, Schulpersonen und anderen interessanten Menschen in diesem Tal geben würde. Führungen und eine Kranzniederlegung beim Heldenfriedhof rundeten das Programm ab.

Früh aufstehen hieß es dann am Pfingstsonntag, denn die Fahrt mit dem Bus über das Pustertal nach Sillian und dann durch das Gailtal nach Tarvis dauerte mehrere Stunden. Dort wurde die Gruppe bereits von Alfred Sandrini willkommen geheißen. Er ist Obmann des Kanaltaler Kulturvereines Tarvis, seine Tochter ist die Obfrau der Musikkapelle Kanaltal. Nach dem Besuch des alten österreichischen Schulhauses im Ortsteil Grünwald/Boscoverde – Tarvis, in welchem Kanaltaler Kulturverein seinen Sitz hat, führte Sandrini die Gruppe zum alten Grenzstein in Pontafel (Pontebba), der bis 1918 die Grenze zwischen Italien und Österreich markierte.

Der österreichischen Heldenfriedhof Wolfsbach

Am österreichischen Heldenfriedhof Wolfsbach, in dem auch die 500 Soldaten ruhen, die im Juli 1916 den italienischen Angriff auf den Kleinen Mittagskofel abgewehrt hatten und die russischen Gefangenen, die für Arbeiten im Versorgungsgebiet rekrutiert worden waren, wurde mit einer Kranzniederlegung aller Opfer des Krieges gedacht. Die am Eingang angebrachte Tafel mit dem sinnigen Spruch „Sie ruhen hier, wie vom Frost erstickte Samen, bevor sie den Trost des Frühlings sahen. Ihr, die ihr im goldenen Licht mäht, voll der Freude des Sommers, vergesst sie nicht!“ erinnerte alle daran, dass diese Toten junge Menschen waren, die hier für das Vaterland litten und starben.

Das Kanaltal

Der Obmann des Kulturvereines berichtete auch über die Geschichte des Kanaltales. Beim Friedensvertrag von Saint Germain wurde das Kanaltal wie Südtirol Italien zugesprochen. Bei der letzten österreichischen Volkszählung waren von den 8373 Einwohnern 77 Prozent Deutsche, 20 Prozent Slowenen und 3 Prozent Ausländer, die damals als Reichsitaliener bezeichnet wurden. Es folgte die Unterdrückung durch den Faschismus und die Tragödie der Option. Mehr als 90 Prozent der deutschen und slowenischen Einwohner verließen unter faschistischem Druck ihre Heimat. Heute, so Sandrini, ist es schwer festzustellen, wie viele Deutschsprachige im Kanaltal ansässig sind, aber Schätzungen gehen von 1200 Personen aus. Heute ist das Kanaltal ein mehrsprachiges Gebiet, die Mehrheit stellen die Italiener, es gibt außer den Deutschen auch noch Slovenen und die Friauler, die Ladinisch sprechen.

Beim Abendessen in Saifnitz waren weitere Mitglieder des Kanaltaler Kulturvereines Gäste des Südtiroler Heimatbundes. Am Montag wurde der Ausflug mit einem Besuch von Tischlbong (Ital. Timau, friulanisch Tamau) fortgesetzt. Beppino Matitz, der ohne weiteres als lebendes Lexikon des Tischlbongar Lebens bezeichnet werden kann, hatte beim Bau der Großen Kirche mitgewirkt und wusste viel zu erzählen.

Nach dem Mittagessen im einzigen Gasthaus des Dorfes führte die Lehrerin Velia Plozner, die in der Schule auch ihre Muttersprache, das Tischlbongarisch unterichtet, die Gruppe durch das Dorf. Es war für alle deprimierend, als sie immer wieder vor den Türen der Häuser erklärte, dass diese seit Jahren verlassen sind. Auch das Elternhaus des derzeitigen Südtiroler Bischofs Ivo Muser steht verlassen zwischen ebenso leerstehenden Häusern.

Bei der Heimfahrt wurde noch beim Marterle für den Heimatforscher und SHB-Bezirksobmann Günther Obwegs, der vor fünf Jahren bei einem Verkehrsunfall zwischen Bruneck und Percha tödlich verunglückt war, eine Kerze angezündet.

Marterle für Günther Obwegs

Marterle für Günther Obwegs

Im Namen des Südtiroler Heimatbundes danke ich Luis Thomas Prader vom Sprachinselkomitee, aber auch unseren neuen Freunden im Kanaltal und in Tischlbong für die Planung, Führungen und Erklärungen. Es war ein aufschlussreiches Pfingstwochenende, dem hoffentlich bald ein Gegenbesuch in Südtirol folgen wird, schließt Roland Lang.

Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes

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Ein Kommentar

  1. Sr. Manuela Drexler OCD on

    Ich danke für Ihre Mitteilung! Dass heimische Sprachen hier noch überleben, ist für mich wunderbar. Verlassene Häuser machen sehr traurig. Ich kenne das Gefühl auch bei Ruinen. Schön sind die menschlichen Freundschaften. Ich möchte Sie auf http://www.helmutmueller.wordpress.com aufmerksam machen. In dieser Internetseite hat Herr Professor Reinhard Olt einen großen Bericht über die Bas-Ausstellung in Bozen geschrieben. Man kann dort auch dazu Kommentare hinterlassen.
    Ich wünsche Ihnen allen eine lang anhaltende Nachfreude des Besuches im Kanaltal.

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