Nachruf für Wolfgang Pfaundler – Fotos von der Beerdigung online

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Professor Dr. Wolfgang von Pfaundler liebte das Echte, Herzhafte, ja Verwegene. Er schätzte beherzte, mutige Menschen, war er doch selbst ein sehr Beherzter! Er riskierte sein Leben, als er den Widerstand gegen das Naziregime organisierte. Er riskierte seine Existenz, als er in den späten fünfziger Jahren in Innsbruck die Kerngruppe des Befreiungssausschusses für Süd- Tirol (BAS) aufbaute und seine Freunde jenseits des Brenners mit Waffen und Sprengstoff belieferte. Für ihn zählte die Tatkraft. „Wir waren Freiheitskämpfer, nicht Freiheitswünscher!“, war seine ungehaltene Antwort auf Fragen von Journalisten betreffend die Rechtfertigung eines Partisanenkampfes gegen die Gewaltherrschaft jenes Staates, der die Ziele des italienischen Faschismus in Südtirol weiterverfolgte.

Wolfgang Pfaundler hat die Südtiroler Freiheitskämpfer nie im Stich gelassen: Er war Anlaufstelle für diejenigen, welche aus Südtirol vor Zwangsgewalt und staatlich geduldeter Folter fliehen mussten. Er brachte Jörg Klotz und dessen Begleiter bei ihren Einsätzen im Auto ins hinterste Ötztal, von wo aus sie dann an einer nicht einsehbaren Stelle vom österreichischen Staatsgebiet zur Unrechtsgrenze aufstiegen, um diese heimlich zu passieren. Mit 40 Kilo schweren Rucksäcken war jeder Kilometer, den sie nicht zu Fuß zurücklegen mussten, eine Erleichterung.

Wolfgang Pfaundler holte sie dann auch wieder mit Auto ab, wenn sie von ihren Aktionen in Süd- Tirol nach Nord- Tirol zurückkehrten. „Benedek will abgeholt werden“, war die Losung! Besonders erleichtert war Pfaundler, als er am 9. September 1964 die Stimme von Jörg Klotz am anderen Ende des Telefons mit diesem Satz hörte. Das war der Tag, an dem sein Freund Jörg nach den dramatischen Ereignissen auf den Brunner Mahdern und nach einem Gewaltmarsch mit Steckschuss in der Brust in Sölden ankam. Pfaundler machte sich in rasanter Fahrt ins Ötztal auf, stoppte den Gendarmerie- Wagen, in dem Jörg Klotz nach Wien gebracht werden sollte, und erzwang mit Hilfe von Landeshauptmann Eduard Wallnöfer die Behandlung im Krankenhaus von Wörgl und den weiteren Verbleib im Bundesland Tirol.

Für den Freiheitskampf und die in Not geratenen Südtiroler Kameraden hat er seine ausgezeichneten Kontakte zu höchsten Regierungsvertretern in Nord- Tirol und Wien, zu Kulturschaffenden und Medienleuten genutzt, er hat sich bis zum Schluss zu ihnen bekannt und sie gegen Verleumdung und Ächtung verteidigt. Sein erster Besuch in Süd- Tirol nach Aufhebung des fast vierzig Jahre dauernden Einreiseverbotes führte ihn an das Grab von Jörg Klotz und an jenes von Luis Amplatz.

Die besondere Aufmerksamkeit und Leidenschaft Pfaundlers galt sein Leben lang allem, was mit Tiroler Geschichte, Brauch und Wehrhaftigkeit zu tun hat. In wertvollen Bildbänden hat er das reiche Brauchtum Tirols dokumentiert und für die Nachwelt erhalten. Er verfasste Standard- Werke über die bekanntesten Volksbräuche, insbesondere über jene der Fasnacht wie das Telfer Schleicherlaufen und Nassereither Schellerlaufen. Er konnte dabei nicht nur auf sein eigenes reichhaltiges Fotoarchiv zurückgreifen, das er in jahrzehntelanger akribischer Arbeit angelegt hatte, sondern auch auf die ungemein wertvolle Bildersammlung, welche ihm seine berühmten Vorfahren hinterließen. Sehr vieles davon hatten sie auch selbst äußerst kunstvoll angefertigt.

Meisterleistungen sind die von ihm herausgegebenen und zum Teil mitverfassten geschichtlich- politischen Werke wie beispielsweise der bereits 1958 erschienene Band: „Südtirol Versprechen und Wirklichkeit“. Ein besonderes Verdienst ist die Herausgabe des Tiroler Jungbürgerbuches, welches vornehmlich, aber nicht nur der Jugend, Geschichte und Gegenwart des eigenen Volkes und Landes in leicht verständlicher Sprache und mittels einzigartiger Fotos und Dokumente näher bringt. Pfaundlers reiches Kulturschaffen hat bleibende Schätze von unvergänglichem Wert hervorgebracht. Sie bestechen nicht nur durch wissenschaftliche Genauigkeit, sondern auch durch äußerst lebendige Bilder. Über die Landesgrenzen hinaus hat er sich mit seinem umfassenden Forschergeist und seiner Sprach- und Fotokunst nicht nur einen wissenschaftlichen Namen gemacht, sondern auch größte Achtung unter Künstlern verschafft.

Dem Tiroler Schützenwesen war Wolfgang Pfaundler in ganz besonderer Weise verbunden. Gemeinsam mit Erich Egg hat er das große Tiroler Schützenbuch mit Ehrentafel verfasst, das 1976 im Verlag seines engsten Freundes Fritz Molden in Wien erschienen ist. Er hat darin nicht nur die Geschichte mit wichtigen Quellenangaben und einzigartigen Bildern nachgezeichnet, sondern auch alle Schützen und Marketenderinnen der damals existierenden Kompanien mit Namen und Funktionen aufgelistet. Damit hat er sie auch allesamt mit Fotos verewigt.

Wolfgang Pfaundler war stolz darauf, dass er auf Betreiben von Jörg Klotz im Jahr 1960 zum Ehrenhauptmann des Schützenbataillons Passeier ernannt worden war. So haben ihm diese und das Bataillon Ötztal begleitet von zahlreichen Schützenkameraden und Marketenderinnen aus allen Teilen Tirols gemeinsam mit Kultur- und Kunstschaffenden am Freitag in Ötz in eindrucksvoller Weise am Grab auch die letzte Ehre erweisen.

Eva Klotz

 

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