Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz hatte am 3. Mai 2014 in einem Interview in der Tageszeitung „Dolomiten“ behauptet, dass durch die derzeit bestehende Autonomie das Selbstbestimmungsrecht Südtirols bereits verwirklicht und damit eine erledigte Angelegenheit sei.
Der von ehemaligen politischen Häftlingen und Freiheitskämpfern gegründete „SüdtirolerHeimatbund“ (SHB) ist der festen Überzeugung, dass ein Minister aus eigener Machtvollkommenheit gültige Beschlüsse und Bekenntnisse des Österreichischen Nationalrates nicht durch eine persönliche Erklärung außer Kraft setzen kann. Der Nationalrat der Republik Österreich hat sich in mehreren Beschlüssen – zuletzt 1992 – ausdrücklich zu dem Selbstbestimmungsrecht der Südtiroler bekannt und dieses für unverzichtbar erklärt.
Der Minister Kurz kann darüber hinaus auch den Südtirolern nicht vorschreiben, auf welche Menschenrechte sie verzichten sollen.
Deshalb hat der SHB bei dem renommierten Innsbrucker Völkerrechtsexperten Univ.-Prof. Dr. Peter Pernthaler ein wissenschaftliches Gutachten zu dieser Frage in Auftrag gegeben.
Nun liegt dieses Rechtsgutachten vor und wird der Öffentlichkeit in Form eine Broschüre zugänglich gemacht.
Der Völkerrechtsexperte weist in klarer Form nach: „Weder die Südtiroler Volksgruppe noch die Republik Österreich haben durch das Pariser Abkommen (1946) oder durch die Annahme der ‚Paketlösung‘ in der Streitbelegungserklärung (1992) auf das Selbstbestimmungsrecht verzichtet, sondern sich dieses ausdrücklich vorbehalten.“
Pernthaler weist auch nach, dass auch im Rahmen der EU von einer Aufhebung der Grenzen zwischen den Landesteilen Tirols keine Rede sein kann. Er bekräftigt, dass die EU einen Verbund von Nationalstaaten darstellt und darüber hinaus auch einen „Eurozentralismus“ eingeführt hat. Bei der „Europaregion Tirol“ handelt es sich laut Pernthaler um eine „politische Minimallösung“.
Weder die europäische Integration noch die grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der sogenannten „Europaregion Tirol“ können laut Pernthaler als Prozess der „Aufhebung der Staatsgrenzen“ oder der Schaffung eines „vereinten Tirols in moderner Form“ angesprochen werden.
Pernthaler: „Sie sind daher keine Alternative zur Ausübung des Selbstbestimmungsrechts für Südtirol.“
Der Gutachter stellt klar, dass das Recht auf Selbstbestimmung nicht nur den Staatsnationen, sondern „jedem Volk und jeder Volksgruppe“ zukommt und dass weder das „innere“ noch das „äußere Selbstbestimmungsrecht“ Südtirols durch die Autonomie aufgehoben oder verbraucht worden ist.
Pernthaler weist aber auch darauf hin, dass die Nationalstaaten nach Möglichkeit die Umsetzung des Menschenrechtes auf Selbstbestimmung zu verhindern suchen und dass das Selbstbestimmungsrecht daher in einem politischen Prozess durchgesetzt werden muss.
Das Pernthaler-Gutachten ist ein hochinteressantes Papier, welches der SHB der Öffentlichkeit übergibt, damit vor allem auch die jüngeren Generationen die Debatte um die Zukunft Südtirols neu beleben.
Das Rechtsgutachten kann beim Südtiroler Heimatbund unter www.suedtiroler-freiheitskampf.net gegen eine Spende angefordert werden.
Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB)
Wissenschaftliche Laufbahn von em. o. Univ.-Prof. Dr. Peter Pernthaler
Der emeritierte Univ.-Prof. Dr. Peter Pernthaler hatte 1957 seine universitäre Laufbahn als Assistent des berühmten Staatsrechts- und Völkerrechtslehrers Univ.-Prof. Dr. Felix Ermacora begonnen, war von 1963 bis 1966 im Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes tätig gewesen und war dann zum o. Universitätsprofessor am Institut für öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Innsbruck berufen worden. 25 Jahre lang leitete er auch das Institut für Förderalismusforschung in Innsbruck. Seit 1996 ist Univ.-Prof. Dr. Peter Pernthaler Wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Er ist auch Träger zahlreicher Preise und Ehrungen und Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften und Beiräte. Er hat zahlreiche wissenschaftliche Publikationen zu staats- und verfassungsrechtlichen Fragen sowie zu Fragen der Menschenrechte einschließlich des Rechtes auf Selbstbestimmung veröffentlicht.
Hier können Sie das Gutachten einsehen: