Tod des Freiheitskämpfers Hans Stieler: Süd-Tirol verliert treibende Kraft für die Selbstbestimmung

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Die Nachricht vom plötzlichen Tod Hans Stielers erschüttert seine Weggefährten im Kampf um Süd-Tirols Freiheit. In den Siebziger und Achtziger Jahren war er die treibende Kraft im Einsatz für die Anwendung des Selbstbestimmungs-rechtes in Süd-Tirol. Unter großen persönlichen Opfern hat er mit Gleichgesinnten die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Selbstbestimmungs-diskussion in allen politischen Gremien und in den Medien in Süd- und Nordtirol, aber auch in Österreich Fuß fasste.

Aber auch vorher, als es noch nicht möglich war, ohne Verfolgung durch
den Staat Italien, dieses demokratische Recht legal einzufordern, stand
Hans Stieler in der ersten Reihe, wenn es galt, für die Heimat und den
Erhalt der Tiroler Identität südlich des Brenners zu kämpfen.
Geradlinigkeit und Unerschrockenheit kennzeichneten Hans Stieler, und
seine Geduld kannte keine Grenzen, wenn es darum ging,
Überzeugungsarbeit für das Freiheitsanliegen zu leisten. Größten
Respekt brachten ihm deshalb auch italienische Kontrahenten entgegen.
Hans Stieler war ein Fels in der volkstumspolitischen Brandung
Süd-Tirols!

Sein Leben und Wirken

Hans Stieler wurde im Jahre 1926 in Gries bei Bozen geboren. Schon kurz
nach seiner Geburt begann für ihn der Zwang der Fremdherrschaft:
Anstatt eines Johannes oder Hans wurde aus ihm amtlich ein Giovanni.
Seine Kindheit und früheste Jugend wurden vom Existenzkampf der
Südtiroler Volksgruppe gegen das faschistische Regime geprägt, das mit
allen Mitteln aus den neu eroberten Gebieten südlich des Brenners ein
rein italienisches Gebiet – das Alto Adige – machen wollte. Es war
damals ein alltäglicher Kampf, den jeder einzelne, so wie auch die
gesamte deutsche und ladinische Bevölkerung, bestehen musste.

Das Leben war ein ständiges sich Behaupten gegen faschistische Übergriffe und Schikanen.

In Bozen war damals der Druck gegen alles Deutsche und Tirolerische
besonders widerlich und unerträglich. Innerhalb weniger Jahre wurde
diese Stadt auf Betreiben des faschistischen Staates umgewandelt und
verlor immer schneller seinen ursprünglichen Charakter.

Rein italienische Schulen sowie die Katakombenschule nebenher zur
Notwehr, um sich als Tiroler behaupten zu können, das sind die ersten
Erlebnisse, die Hans Stieler, wie viele andere Südtiroler Kinder,
damals prägten.

1939 kam es zum unseligen Abkommen zwischen den zwei Diktatoren Hitler
und Mussolini, die dem leidigen Südtirolproblem, welches ihrer
Zweckfreundschaft und Waffenbrüderschaft im Wege stand, ein Ende
setzen wollten. Im Rahmen der Option wurden die Südtiroler gezwungen,
sich entweder für ihr Volkstum zu entscheiden, aber auf ihre
angestammte Heimat zu verzichten oder vielleicht in der Heimat bleiben,
aber dann die eigene Volkszugehörigkeit und Herkunft zu verleugnen.
Was damals geschah, was damals in den Herzen der Menschen vorging, wie
groß der innere Zwist und die Zweifel waren, ist heute schwer
nachvollziehbar.

Genauso schwer ist es, darüber zu urteilen, auch wenn gerade heute
sich manche im schnellen Urteilen leicht tun und so manches scheinbar
sachliche und geschichtliche Urteil oft nichts anderes als ein reines
Vorurteil ist.

Stielers Eltern entschieden sich fürs Deutschbleiben. 1944 wurde Hans
zum Wehrdienst eingezogen. 1945 geriet er in Gefangenschaft und Ende
1945 kehrte er heim. Fünf Stunden vor seiner Heimkehr war sein Vater
infolge eines Arbeitsunfalles gestorben. Es folgte für ihn die erste
große Herausforderung, der Wiederaufbau des von neun Bomben
zerstörten Pachthofes seiner Eltern. 1948 begann er nebenher als
Kraftfahrzeugfahrer bei Athesia, da die Besitzer des Pachthofes
Verkaufsabsichten äußerten.

1949 bot ihm, bei einer Heimfahrt nach Redaktionsschluss, Kanonikus
Michael Gamper die Schulung zum Buchdrucker an. Hans nahm an und übte
dann bis zu seiner Verhaftung diesen Beruf aus. Er war damals auch acht
Jahre lang Mitglied der Musikkapelle Zwölfmalgrein.

Selbst vom Schicksal seiner Heimat gezeichnet, war es für ihn immer
eine Selbstverständlichkeit, sich für die Belange und Nöte der Heimat
einzusetzen.

Diesen Einsatz verfolgte er bis zur letzten Konsequenz und mit der
festen Überzeugung, einzig und allein dem Wohle der Heimat zu dienen.
Die Folgen dieser Überzeugung waren drei Verhaftungen (1957 – 1962 –
1987), fünf Prozesse, drei Jahre Gefängnis, unzählige
Hausdurchsuchungen und Verhöre durch Polizei, Carabinieri und
Geheimdienstleute.

Hans Stieler war immer ein Mann der Tat. Als 34-Jähriger setzte er sich
ab 1964 für drei Jahre wieder auf die Schulbank, um seinen dritten
Beruf zu erlernen. Mit 37 Jahren baute er dann gemeinsam mit seinen
Brüdern Toni und Karl eine Baufirma auf.

1974 wurde die Schicksalsgemeinschaft der politischen Häftlinge als
Südtiroler Heimatbund gegründet. Hans Stieler war Gründungsmitglied,
bis 1990 Obmann und danach etliche Jahre Obmannstellvertreter des 
Heimatbundes, welcher sich seit der Ratifizierung der
UNO-Menschenrechtspakte durch Italien öffentlich politisch betätigt.

Viele interessante politische Begegnungen mit österreichischen,
italienischen und anderen Politikern sowie Persönlichkeiten haben in
seinem Leben eine prägende Rolle gespielt und ihm so manche
ernüchternde Erkenntnis erbracht.

Genau wie sein Leben vom Einsatz für die Heimat geprägt wurde, so waren
auch seine Gedanken und seine Sprache von diesem Eifer gezeichnet.

 

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