Verfassungsgericht gegen freie Meinungsäußerung – Veneter dürfen sich nicht über Selbstbestimmung äußern

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Die Region Veneto hatte ein Regionalgesetz verabschiedet, das eine rein befragende Volksbefragung zur Abänderung des venetischen Regionalstatutes zum Ziel hatte. Teil dieser Volksbefragung war auch die ausdrückliche Frage, ob das Veneto die Unabhängigkeit von Italien anstreben solle. Diese Volksbefragung wurde vor dem italienischen Verfassungsgericht abgelehnt. Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) wird Daniel Turp, Professor für Verfassungs- und Völkerrecht an der Universität Montréal in Québec, um eine Expertise über dieses Urteil ersuchen.

Die Region Veneto hat vor dem Verfassungsgerichtshof die Fragestellung nach der Unabhängigkeit damit verteidigt, dass es um einen Ausdruck der Meinungsfreiheit handle.

Die „Indipendenza Veneta“, eine Verfahrenspartei, hat vorgetragen, dass die Veneter als eigene Nation zu betrachten sind und daher das internationale Recht anzuwenden wäre. Hier insbesondere das Ratifizierungsgesetz der Menschenrechtspakte im Jahre 1977 als Gesetz Nr. 881, das die Selbstbestimmung und damit logischerweise auch deren Ausübung regelt. Das Verfassungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei einer Volksbefragung nicht um reine Meinungsäußerung, sondern um ein „Zusammenwirken zwischen dem Volk und der politischen Vertretung“ handle. Die „Einheit des Staates“ wäre laut Verfassungsgericht einer der „essenziellen Merkmale“ des Staates, sodass diese auch keiner verfassungsrechtlichen Abänderung unterworfen worden wäre.

Durch dieses Urteil des Verfassungsgerichts zeigt sich einmal mehr die fragwürdige Einstellung des Zentralstaates zur Meinungsfreiheit und zum internationalen Recht. Letztlich nehmen sich die Verfassungsrichter, politisch bestellte und hochbezahlte ältere Herren, heraus, darüber zu urteilen, zu welchen Themen sich das Volk demokratisch äußern darf. Dieses Urteil des Verfassungsgerichtshofes ist völlig abzulehnen, weil es eine deutlich geminderte demokratische Entscheidungsfreiheit des Bürgers vorsieht. Eine anachronistische Vorstellung, dass ein paar Professoren, die zum Richter bestellt wurden, und nicht das Volk über essenzielle Fragen entscheiden dürfen. In anderen Staaten wie dem Vereinigten Königreich oder Kanada wurde diese Sicht schon längst überwunden.

Außerdem zeigt die Verurteilung Italiens durch den IGH im Falle der Folterung einer Misshandlung eines Demonstranten beim G8-Gipfel einwandfrei, dass die Menschenrechte, zu denen unweigerlich auch die Selbstbestimmung gehört, über die Verfassungen einzelner Staaten stehen.

Der SHB wird den anerkannten Univ.-Prof. Daniel Turp um eine Expertise über dieses Urteil ersuchen. Turp ist Professor für Verfassungsrecht und Völkerrecht an der Universität Montréal in Québec und hat auch bereits mehrmals Südtirol besucht.

Der Südtiroler Heimatbund ist fest davon überzeugt, dass die Menschenrechte über den Verfassungen von Staaten stehen. Auf dieser Grundlage ist es auch das Recht der Veneter, sich in einem Referendum zu ihrem Selbstbestimmungsrecht frei zu äußern. Deshalb, so Obmann Roland Lang, unterstützen wir jede Initiative, die ein Volk zur Freiheit verhelfen kann.

Roland Lang,
Obmann des Südtiroler Heimatbundes

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