Landesfestumzug: Schreiben des Südtiroler Heimatbundes

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An Herrn
AD Herbert Gassler
Amt der Tiroler Landesregierung
Sachgebiet Repräsentationswesen

Meran, 31.08.09

Sehr geehrter AD Herbert Gassler!

Nachdem Prof. Erhard Hartung letzte Woche ein Gespräch bezüglich der
Teilnahme der Südtiroler Freiheitskämpfer am Festumzug in Innsbruck mit
Ihnen geführt hat, hat er mir das Ergebnis der Aussprache mitgeteilt.
Scheinbar bestehen Ihrerseits Bedenken bezüglich des Textes des
mitgetragenen Transparentes: „Trotz Autonomie ist die Heimat in Gefahr
– Selbstbestimmung für Südtirol.“

Deshalb habe ich am Samstag mit einigen politischen Häftlingen darüber
gesprochen und wir sind sehr verwundert über Ihre Bedenken. Wir waren
einstimmig der Meinung dass dies als politische Botschaft eine
Minimalforderung ist, die wir Freiheitskämpfer der fünfziger und
sechziger Jahre an die Zuschauer und Politiker bringen wollen.

Sie verkennen anscheinend die Realität in Südtirol, das Schlagwort von
der besten Autonomie der Welt, wie es Bundespräsident Fischer in Rom
ausgedrückt hat, ist purer Unsinn! Sowie die Aussage von
Landeshauptmann Platter: „Durch den Fall der Grenzbalken ist die
Wiedervereinigung praktisch schon vollzogen“, eine Augenauswischerei
ist! Haben die österreichischen Politiker gar nicht mitbekommen, dass
die Parlamentarier Zeller und Brugger öffentlich erklärt haben: „Die
dynamische Autonomie ist tot, sie ist schon jahrelang rückläufig“!?!

Die politische – und Verwaltungsgrenze ist immer noch aufrecht. Wir
sind nach wie vor fremdbestimmt und gehören zu einem skandalösen,
wirtschaftlich bankrotten Staat, der uns trotz Autonomie mit in den
Dreck zieht! Italien bildet wirtschaftlich das Schlusslicht in der EU
und hat eine enorme Staatsverschuldung. Die Südtiroler Unternehmen
stöhnen unter dem hohen Steuerdruck und tausende Familien wissen am
Ende des Monats nicht wie sie die Lebensmittelrechnung bezahlen sollen.
Der hohe Landeshaushalt trügt, wir haben viel mehr Kompetenzen als
Nordtirol und müssen diese mit diesem Geld bezahlen, was in Nordtirol
z.T. der Bund bestreitet.

Noch schlimmer ist für uns Häftlinge aber die Tatsache, dass die
Assimilierung immer schneller voranschreitet, z.B. der
Immersionsunterricht (wenn auch nicht offiziell) in den Schulen, die
tricoloreschwingenden Kinder bei Sportveranstaltungen, dann die vielen
Mischehen und jetzt noch die Ausländer dazu, unsere Muttersprache ist
immer mehr in Gefahr, u.s.w. Wir befürchten, dass wir in 10 Jahren bei
einer Abstimmung nicht mehr die Mehrheit bekommen. Dann waren die
großen Opfer der sechziger Jahre wie Folter mit 2 Todesfolgen, über 500
Jahre Knast und die vielen Opfer und Entbehrungen unserer Familien
umsonst! Das darf nicht wahr werden, wir wollen dass unsere Kinder auch
noch als Tiroler weiterleben können, dass Sprache und Kultur erhalten
bleibt.

Aus diesen Überlegungen und Erlebnissen heraus sind wir nicht bereit
den Text abzuändern. Zusätzlich zum bestehenden Text möchten wir auf
der Hinterseite des Transparentes das Bild vom (durch Folter
verstorbenen) Franz Höfler mit folgendem Text mittragen:

Nie wieder Folter, Erniedrigung und Tod

Für Freiheit und Gerechtigkeit!


Die ehemaligen politischen Häftlinge!

Dies ist unser Standpunkt zur politischen Botschaft an das Volk. Wir
sind der Meinung dass unsere Aussagen weit näher an der wirklichen
Situation sind, als es unsere Volksvertreter verkünden.

Sie können mein Schreiben ruhig an Landeshauptmann Platter weitergeben.
Er hat anscheinend das letzte Wort in dieser Angelegenheit und er soll
nach seinem Gewissen entscheiden, ob wir Freiheitskämpfer beim
Festumzug erwünscht sind oder nicht!

Da die Zeit knapp ist, erwarte ich als Vertreter dieser Gruppe eine baldige Antwort und grüße freundlich

Sepp Mitterhofer, politischer Häftling

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